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Die ökosoziale Steuerreform 2022: Kurzüberblick über die geplanten Änderungen
13. Februar 2022von Dr. Daniel Blum, LLM. (NYU) und BSc Nikolaus Wabitsch
Nach Ankündigung der Eckpunkte der Steuerreform 2022 durch die Regierung vom 3.10.2020 wurden nun auch die Ministerialentwürfe zur geplanten Steuerreform veröffentlicht. Der folgende Überblick fasst die wesentlichen Elemente der Ministerialentwürfe zusammen.
Ökologisierungsmaßnahmen
Nationales CO2-Emissionshandelsystem
Mit dem Ziel CO2-Emmission zu verringern und Kostenwahrheit herzustellen, soll – ergänzend zum europäischen Emissionszertifikatehandelssystem -- ein nationales Emmissionszertifkatehandelssystem eingeführt werden. Dieses soll auf jene Fälle anwendbar sein, die derzeit nicht unter das europäische Handelssystem fallen. Beginnend mit 1.7.2022 dürfen demnach fossile Energieträger (Benzin, Gasöl, Heizöl, Erdgas, Flüssiggas, Kohle und Kerosin; Erweiterung der Definition per VO möglich) nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn diese entsprechend bei der zuständigen Behörde registriert wurden, d.h. Emissionszertifikate erworben wurden.
Bis zur Überführung in ein marktbasiertes Preissystem beginnend mit 2026, sieht das Gesetz eine Übergangsphase vor, in der die Tonne CO2 einem Fixpreis unterliegen soll. Ab 1.7.2022 gilt demnach ein Fixpreis von EUR 30 pro Tonne CO2, welcher sich im Jahr 2023 auf EUR 35 erhöht. Anschließend steigt er die nächsten 2 Jahre um je EUR 10 (2024: EUR 45; 2025: EUR 55).
Die Emissionszertifikate für die Treibhausgasemissionen eines Kalenderjahres müssen zu einem bestimmten Stichtag im darauffolgenden Jahr abgegeben werden (Emissionszertifikate für 2022 bis zum 31.7.2023; sonst bis 30.6 des Folgejahres). Zudem hat jeder Handelsteilnehmer nach Ablauf des Kalenderjahres die ihm zugerechneten Treibhausgase des Vorjahrs im Einklang mit dem genehmigten Überwachungsplan zu ermitteln und bis 30.6. der Behörde elektronisch zu melden (Treibhausgasemissionsbericht). Nicht verbrauchte Emissionszertifikate können unter Rückerstattung des Ausgabewerts zurückgegeben werden.
Als Entlastungsmaßnahme zur Erhaltung der grenzüberschreitenden Wettbewerbsfähigkeit, der Vermeidung von Carbon Leakage (Verlagerung von Treibhausgasemissionen ins Ausland) und Abmilderung von besonderen Mehrbelastungen können Betroffene eine (anteilige) Entlastung von jenen Kosten erhalten, die ihnen aufgrund der Überwälzung der Kosten für die Abgabeverpflichtung von nationalen Emissionszertifikaten entstehen.
Regionaler Klimabonus
Zum Ausgleich der für Haushalte durch den Emmissionszertifikatehandel entstehenden Mehrbelastung sieht der Ministerialentwurf mit 2022 einen regionalen Klimabonus vor. Dieser soll jeder natürlichen Person zustehen, die zumindest an 183 Tagen im Kalenderjahr ihren Hauptwohnsitz in Österreich hat.
Der Klimabonus ermittelt sich dabei wie folgt:
Grundsätzlich steht jeder natürlichen Person der Sockelbetrag von EUR 100 pro Person zu. Dieser reduziert sich bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren auf EUR 50. Zusätzlich zum Sockelbetrag kommt es für Regionen mit schwacher öffentlicher Verkehrsanbindung zur Leistung eines regional gestaffelten Ausgleichs. Dieser Regionalausgleich ermittelt sich basierend auf dem Sockelbetrag und beträgt je nach Wohnort 0% (nur Wien), 33%, 66% oder 100%. Für 2022 werden daher höchstens EUR 200 (bzw EUR 100 bei unter 18-Jährigen) als Klimabonus zur Auszahlung gebracht. Ab 2023 soll die Höhe des Klimabonus jährlich per Verordnung festgelegt werden.
Für ertragsteuerliche Zwecke wird der Klimabonus explizit als steuerfrei definiert.
Ausweitung der Befreiung von der Elektrizitätsabgabe
Ab 30.6.2022 werden bereits bestehende Befreiungen von der Elektrizitätsabgabe für selbst hergestellten und verbrauchten Strom auf alle erneuerbaren Energieträger ausgeweitet. Die bestehende Beschränkung auf 25.000 kWh pro Jahr wird damit auch aufgehoben.
Förderung von thermischer Sanierung und Austausch fossiler Heizsysteme
Ebenfalls als Teil der geplanten Ökologisierung des Steuerrechts soll der Austausch eines fossilen Heizungssystems gegen ein klimafreundliches System (zB Fernwärme) sowie die thermische Sanierung von Gebäuden ab der Veranlagung 2022 unten den gesetzlich dafür vorgesehenen Voraussetzungen als Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Abhängig von der vorgenommenen Maßnahme (Austausch Heizungssystem oder thermische Sanierung) können gewisse Pauschalbeträge über 5 Jahre als Sonderausgabe von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden.
Ausgleichs- und Entlastungsmaßnahmen
Investitionsfreibetrag
Ab 1.1.2023 darf für angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens im Jahr der Anschaffung oder Herstellung ein Investitionsfreibetrag als Betriebsausgabe geltend gemacht werden. Voraussetzung für die Anwendbarkeit ist, dass die gewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts min. vier Jahre beträgt und dieses einem inländischen Betrieb oder einer inländischen Betriebsstätte zuzurechnen ist. Bestimmte Wirtschaftsgüter sind explizit von der Geltendmachung des Investitionsfreibetrags ausgenommen (zB gebrauchte WG).
Der Investitionsfreibetrag beträgt grundsätzlich 10% der Herstellungs- oder Anschaffungskosten, erhöht sich jedoch bei Wirtschaftsgütern aus dem Bereich der Ökologisierung auf 15%. Eine Begrenzung der absoluten Höhe nach besteht insofern, als der Investitionsfreibetrag von Anschaffungs- oder Herstellungskosten iHv insgesamt höchstens EUR 1.000.000 pro Wirtschaftsjahr geltend gemacht werden kann. Die Abschreibung für Abnutzung wird durch die Geltendmachung nicht berührt.
Erhöhung des Gewinnfreibetrages
Für alle Wirtschaftsjahre die nach dem 31.12.2021 beginnen, darf für die ersten EUR 30.000 Bemessungsgrundlage ein Freibetrag von 15% anstatt der bisherigen 13% von der Bemessungsgrundlage geltend gemacht werden (die weiteren Stufen lauten: für die nächsten EUR 145 TSD: 13%; für die nächsten EUR 175 TSD: 7%; und für die nächsten EUR 230 TSD: 4,5%; maximal EUR 45.950).
Wertgrenze geringwertiger Wirtschaftsgüter
Die Grenze für die Sofortabschreibung bei geringwertigen Wirtschaftsgütern wird von den bisherigen EUR 800 auf EUR 1.000 angehoben. Diese Regel soll ab 2023 anwendbar sein.
Senkung der Steuertarife der Einkommens- und Körperschaftsteuer
Für Zwecke der Einkommens- und Lohnsteuer folgt nun auf die Senkung der 1. Tarifstufe ab 1.7.2022 auch die der 2. Stufe (EUR 18.000- EUR 31.000) von 35% auf 30% und ab 1.7.2023 die der 3. Stufe (EUR 31.000- EUR 60.000) von 42% auf 40%.
Auch die Körperschaftssteuer wird stufenweise im Jahr 2023 auf 24% und anschließend im Jahr 2024 auf 23% gesenkt.
Senkung der Krankenversicherungsbeiträge
Ab 1.7.2022 werden die Krankenversicherungsbeiträge für Einkommen unter EUR 2.500 gesenkt. Die Senkung ist gestaffelt und beträgt zwischen 1,7 und 0,2 Prozentpunkte der Krankenversicherungsbeiträge.
Steuerfreiheit für Mitarbeitergewinnbeteiligungen
Um die Anteilnahme der Arbeitnehmer am Erfolg eines Unternehmens steuerlich zu attraktivieren, wird eine steuerfreie Gewinnbeteiligung für Mitarbeiter des Unternehmens bis zu EUR 3.000 pro Mitarbeiter und Jahr eingeführt. Der steuerfreie Gewinnbeteiligungsbetrag ist allerdings mit dem steuerlichen Vorjahresgewinn gedeckelt. Zudem greift die Befreiung nur, wenn die Gewinnbeteiligung allen Arbeitnehmern bzw einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern gewährt wird und diese nicht an Stelle eines bisher geleisteten Lohns gewährt wird.
Erhöhung des Familienbonus
Der Familienbonus in Höhe von EUR 1.500 pro Jahr und Kind wird auf EUR 2.000 erhöht. Auch der Kindermehrbetrag wird von EUR 250 pro Kind und Jahr auf EUR 450 angehoben.
Vorsteuerberichtigungszeitraum bei Mietkaufmodellen
Im Bereich der Umsatzsteuer sieht die Steuerreform eine Verkürzung des Vorsteuerberichtigungszeitraumes für den Erwerb von Mietwohnungen mit Kaufoption vor. Der Zeitraum wird von 20 auf 10 Jahre verkürzt und ist auf alle Übertragungen nach dem 31.12.2022 anwendbar.
Besteuerung von Kryptowährungen
(Für Details siehe unseren Beitrag vom 12.11.2021 hier). Nach der bisher geltenden Rechtslage sind Gewinne aus der Veräußerung von Kryptowährungen im Privatvermögen – von durch die Finanzverwaltung angenommenen vereinzelten Ausnahmen abgesehen – lediglich als Einkünfte aus Spekulationsgeschäften steuerlich erfasst. Eine Veräußerung nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist bleibt demnach steuerfrei. Dies soll sich mit der geplanten Einführung des neuen § 27b EStG im Rahmen der Steuerreform 2022 ändern. Einkünfte aus Kryptowährungen werden demnach Einkünften aus Kapitalvermögen gleichgestellt. Somit werden laufende Einkünfte (zB durch Mining) sowie Veräußerungsgewinne unabhängig von der Behaltedauer steuerpflichtig. Einzig der Tausch zwischen Kryptowährungen soll keine Realisation darstellen.
Entsprechend ihrer Eingliederung in das System der Kapitalvermögensbesteuerung sollen Einkünfte aus Kryptowährungen dem besonderen Steuersatz in Höhe von 27,5% unterliegen. Lediglich im Fall nicht öffentlich angebotener Kryptowährungen ist der progressive Einkommenssteuertarif anzuwenden. Die Erhebung der Steuer erfolgt im Abzugsweg. Inländische Schuldner der Einkünfte aus Kryptowährungen und/oder inländischer Dienstleister, die die Kryptowährungsgeschäfte abwickeln, haben Kapitalertragsteuer iHv 27,5 % auf die Kryptoeinkünfte einzubehalten und für den Steuerpflichtigen an das Finanzamt abzuführen. Greift die Pflicht zum KESt-Abzug nicht sind die Einkünfte zu veranlagen.
Die Neuerungen treten mit 01.3.2022 in Kraft, wobei zu beachten ist, dass bereits Anschaffungen, die nach dem 28.2.2021 getätigt wurden, als steuerverfangen gelten. Die Abzugspflicht der Schuldner bzw. Dienstleister gilt für Einkünfte, die ab dem 01.01.2023 anfallen. Davor kann die KESt bereits freiwillig abgezogen werden.
Artikel im Original erschienen auf deloitte.com
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