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Ottobock – Exzellent ausgebildete Forschungs- und Entwicklungs­spezialisten

Verbleibende Nerven im Stumpf steuern nach einer Amputation verbleibende Muskeln an. Aus diesen Signalen macht eine Künstliche Intelligenz Bewegungsbefehle für eine Prothese. Je besser diese Steuerung funktioniert, desto mehr werden Prothesen als körpereigen wahrgenommen. Das ist ein Beispiel Made in Austria, wie die Zusammenarbeit zwischen einem Unternehmen und einer Forschungsinstitution wissenschaftliche Erfolge vorangetrieben hat, die sich direkt positiv auf die Anwender:innen auswirken.

 

 

Für Österreich sprachen die exzellent ausgebildeten Forschungs- und Entwicklungsspezialist:innen. Das Land legt viel Wert auf Innovation und steht im internationalen Vergleich sehr gut da. Das hat den Standort attraktiv gemacht.

 

Arne Jörn COO und CTO bei der Otto Bock Healthcare Products GmbH
© Otto Bock Healthcare Products GmbH
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Fragen an Arne Jörn, COO und CTO bei der Otto Bock Healthcare Products GmbH

Sie haben in Österreich eine starke, äußerst erfolgreiche Präsenz aufgebaut, die dem Standort alle Ehre macht. Wo sehen Sie die Stärken des Life Science Standortes Österreich, was ist in Ihren Augen sein Alleinstellungsmerkmal? 

In Wien befindet sich ein wesentlicher Teil der Forschung & Entwicklung von Ottobock. Wir haben auch in Salt Lake City sowie in der Bay Area, in Berlin, Duderstadt und Königssee F&E-Teams. In Wien ist unsere Tätigkeit einmalig: Unsere Forscher:innen arbeiten eng mit Wiener Forschungseinrichtungen und Universitäten zusammen an der Prothetik und Orthetik der Zukunft. Die TU, das Technikum, die Medizinische Universität und weitere renommierte lokale Partner treiben die internationale Forschung von Wien aus voran. Eine weitere Besonderheit ist die umfassende Ausstattung und gute Fertigungstiefe unseres Wiener Ottobock Standortes: Innovative Ideen können vor Ort entwickelt, Prototypen in unseren Werkstätten gebaut und mit Anwender:innen und Therapeut:innen getestet werden. Unsere langjährigen und erfahrenen Ingenieur:innen, Programmierer:innen und Elektrotechniker:innen wissen genau, welche Ideen sich gut umsetzen lassen und woran noch gefeilt werden muss. Selbst Werkzeuge, die wir für den Prototypenbau einer neuen Prothese brauchen, können die Kolleg:innen selbst vor Ort herstellen. Die angegliederte Klinische Forschung kann dicht am Geschehen Erfolge oder Änderungsbedarf unserer Innovationen erkennen. Diese enge Zusammenarbeit über Disziplinen und Abteilungen hinweg ermöglicht uns in Wien eine zielgerichtete Arbeitsweise, wovon wiederum die Anwender:innen profitieren. 

Der Standort in Österreich ist ein Zugpferd für Innovationen in der Unternehmensgruppe und einer der Wachstumsmotoren. Warum hat sich Ottobock ursprünglich bei der Internationalisierung für Österreich entschieden und warum haben Sie den Standort sukzessive immer weiter ausgebaut?  

Die Unternehmerfamilie Näder hat früh Wert auf Internationalisierung gelegt und wollte so nicht zuletzt politische Risiken durch den Ost-West-Konflikt vorbeugen. Für Österreich sprachen die exzellent ausgebildeten Forschungs- und Entwicklungsspezialist:innen. Das Land legt viel Wert auf Innovation und steht im internationalen Vergleich sehr gut da. Das hat den Standort attraktiv gemacht. So wurde in der Medizintechnik kontinuierlich Jahr für Jahr mehr in die wichtige Branche investiert. Für F&E werden in Österreich im Jahr 2022 voraussichtlich mehr als 14 Mrd. Euro ausgegeben – im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um über neun Prozent. Die Forschung macht 3,26 % des Bruttoinlandsprodukts aus. Dieser Trend setzt sich seit Jahren fort. Auch in unserer Wachstumsstory ist der Wiener Standort ein Treiber.  

Patrick Mayrhofer ist eines Ihrer besten Testimonials. Bei den Paralympics 2018 in Pyeongchang holte Mayrhofer Silber im Banked Slalom, 2015 wurde er Behindertensportler des Jahres und er gewann mehrfach den Gesamtweltcup. Und das alles mit der Michelangelo-Hand von Ottobock, die er nach seinem Unfall erhalten hat. Mayrhofer trägt nicht nur die Michelangelo-Hand, er arbeitet auch in einer der drei Werkstätten von Ottobock und ist damit einer von 600 Mitarbeiter:innen in Wien. Wie bewerten Sie die Qualität und Motivation der österreichischen Mitarbeiter:innen im internationalen Vergleich und wie wichtig sind sie für den Erfolg Ihres Unternehmens? 

Mittlerweile haben wir gut 800 österreichische Mitarbeiter:innen. Und das aus gutem Grund: Sie verfügen im internationalen Vergleich über eine ausgezeichnete Ausbildung und hohe Innovationskraft. Das misst sich unter anderem daran, dass sie bereits zahlreiche Patente angemeldet haben und regelmäßig innovative Ideen bei unserer Ideenbörse einreichen – zum Teil über ihre eigentlichen Arbeitsbereiche hinaus. Sie denken global, disziplinübergreifend und vernetzen sich über Abteilungen und das Unternehmen hinaus mit anderen Innovator:innen. Außerdem beschäftigen wir in Wien einige Kolleg:innen wie eben Patrick Mayrhofer und andere, die selbst Prothesen nutzen. Sie können ihre Wünsche und Erfahrungen direkt in den Entwicklungsprozess einfließen lassen, was ungemein wertvoll ist. So sind in Wien bereits einige Highlight-Produkte entstanden, wie jüngst das neue Kenevo, das neue C-Leg und Myo Plus TH, eine innovative KI gesteuerte Prothesensteuerung für den Oberarm, die bald auf den Markt kommen wird.  

Wien ist der wichtigste F&E-Standort für mechatronische Produkte von Ottobock. Im vergangenen Jahr publizierte Ottobock Healthcare Products gemeinsam mit Oskar Aszmann von der Medizin-Universität Wien Ergebnisse, die international als "Meilensteine in der Prothetik" wahrgenommen wurden und die eine Handbewegung allein durch Nervenreize ermöglicht. Wie bewerten Sie die Kooperation von Wirtschaft und Wissenschaft in Österreich – auch im Vergleich mit anderen Ländern? 

Wir arbeiten seit fast 20 Jahren mit Prof. Aszmann zusammen und schätzen die herausragenden Leistungen sehr, die unseren Anwender:innen zugutekommen. Dazu zählt unter anderem Targeted Muscle Reinnervation, wobei verbleibende Nerven im Stumpf nach einer Amputation operativ mit verbleibenden Muskeln verbunden werden. So lassen sich myoelektrische Handprothesen deutlich besser steuern, da sie auf mehr Muskelsignale zurückgreifen können. Aus diesen Signalen macht eine Künstliche Intelligenz Bewegungsbefehle für die Prothese. Je besser diese Steuerung funktioniert, desto mehr werden unsere Prothesen als körpereigen wahrgenommen – und desto mehr gewinnen unsere Anwender:innen an Lebensqualität. Das ist ein Beispiel made in Austria, wie die Zusammenarbeit zwischen einem Unternehmen und einer Forschungsinstitution wissenschaftliche Erfolge vorangetrieben hat, die sich direkt positiv auf die Anwender:innen auswirken. 


Welche Rahmenbedingungen am Standort Österreich sind außerdem für den Erfolg von Ottobock entscheidend? 

Österreich legt Wert auf Innovation, gerade im digitalen Bereich. Das kommt uns als Healthtech-Unternehmen mit digitalem Fokus in der Prothetik entgegen. Die starke Forschungslandschaft mit weltweit anerkannten Forschungsinstitutionen, Universitäten und Kliniken ist entscheidend, um unsere Forschung, Entwicklung und Produktion in Wien voranzutreiben. Mechatronische Prothesen und Orthesen von Ottobock setzen Präzision und Robustheit der mechatronischen Komponenten voraus, um ihre Träger:innen zuverlässig mobil zu halten. Dazu sind spezialisierte Fertigungspartner notwendig. Neben der Fertigungskompetenz im eigenen Unternehmen setzt Ottobock auf langjährige Partner:innen und Spezialist:innen am Wiener Standort. 

Ganz konkret zum Thema Förderungen wie etwa der Forschungsprämie: Inwieweit hat das Einfluss auf Investitionsentscheidungen von Ottobock am Standort Österreich? 

Wo Forschung gefördert und geschätzt wird, lohnen sich F&E-Investitionen aus Unternehmenssicht doppelt. Dass Österreich ein fruchtbares Innovationsklima schafft, spiegelt sich neben Förderungen in den gesamten F&E-Ausgaben Österreichs wider: Die Globalschätzung der Statistik Austria zeigte 12,143 Milliarden Euro Ausgaben für Forschung und Entwicklung, was einer Forschungsquote von 3,23 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht. 2022 lag die F&E-Quote bei 3,26 Prozent und soll noch weiter ansteigen. 

Wie hat sich der Standort Österreich aus Ihrer Sicht über die Jahre verändert? Was ist besser geworden, was war früher besser als heute?  
 

Ottobock, das 1919 in Berlin gegründet wurde, ist schon seit 1969 mit einem großen Standort in Österreich vertreten. In jüngster Zeit lässt sich ein regelrechter Innovations-Boom in Österreich ausmachen. Nehmen Sie nur die Schlagzeile, dass österreichische Startups 2021 mehr frisches Kapital als je zuvor erhielten – fast fünf Mal so viel wie im Vorjahreszeitraum. Für Österreich wie für Ottobock gilt: Tradition meets Disruption. 

Gab es besonders prägende, einschneidende Ereignisse, Wendepunkte oder persönliche Erlebnisse in der Unternehmensgeschichte am Standort Österreich, die besonders in Erinnerung bleiben? 

Die gibt es! Hier müssen wir über das C-Leg reden, das erste mikroprozessorgesteuerte Kniegelenk in Serie. Mit dem C-Leg haben wir eine neue Dimension des Gehens für Oberschenkel-Amputierte eingeleitet, ein Meilenstein in der Prothetik. Es stellt die Menschen in den Mittelpunkt – sie müssen nicht mehr über jeden Schritt nachdenken und gewinnen Freiräume. Zurecht gilt das C-Leg daher mit inzwischen 100.000 Versorgungen und zahlreichen Studien als Goldstandard in der Prothetik. Der kanadische Ingenieur und Erfinder Kelly James präsentierte seinen Prototyp des C-Leg 1992 beim Weltkongress der International Society for Prosthetics & Orthotics in Chicago. Dort wurde Prof. Hans Georg Näder, der Ottobock in dritter Generation führt, auf die Innovation aufmerksam. Er schloss an Ort und Stelle einen Exklusivvertrag mit James. In den folgenden Jahren entwickelte Ottobock das C-Leg in Wien so weiter, dass es in Serie gehen konnte. Federführend bei der technologischen Weiterentwicklung war Dr. Hans Dietl. Der damalige Entwicklungsleiter in Wien führte die Innovation von Österreich aus zur Marktreife. Das C-Leg konnte erstmals mit Hilfe eines kleinen Computers Umgebungsdaten erfassen und automatisch die richtigen Einstellungen vornehmen – ein Meilenstein für Menschen mit einer Bein-Amputation. 

Könnten Sie uns bitte kurz die wichtigsten Meilensteine der Aktivitäten von Ottobock in Österreich auflisten?  

Unsere Forscher:innen, Entwickler:innen, Programmierer:innen und Designer:innen haben in Wien ein besonders kreatives Arbeitsumfeld. Sie arbeiten über die Abteilungen hinweg an Projekten zusammen, um Innovationen zu schaffen. Unsere Forschung und Entwicklung in Österreich haben die internationale Prothetik dadurch verändert – hier wurden neue Standards gesetzt. Anfang Mai 2022 haben wir nach 25 Jahren die fünfte Auflage des C-Leg auf den Markt gebracht. Es waren ebenfalls unsere österreichischen Entwickler:innen, die das durch ihre Innovationen ermöglicht haben. Zu unseren Meilensteinen der Wiener F&E zählen weitere Innovationen wie die Kenevo Beinprothese für Ältere und weniger Aktive, das Genium X3 für Hochaktive, die revolutionäre mechatronische Lähmungs-Orthese C-Brace sowie die multiartikulierende bebionic mit der Myo Plus Mustererkennung, also KI-gesteuerte künstliche Hände, die mit Muskelimpulsen „gedankengesteuert“ bewegt werden. Aktuell haben wir es erstmalig geschafft, dass Myo Plus auch für Oberarm-Amputierte funktioniert. Die Erfindung soll zeitnah auf den Markt kommen. Und das ist nur ein Ausschnitt unserer Wiener Innovationen. 
 

Was plant Ottobock in Österreich als nächste Schritte? Können Sie uns hierzu bereits etwas sagen? 


Ein wichtiges Thema werden fühlende Prothesen sein, die mit sensomotorischem Feedback funktionieren, und Quantensensoren in der Prothetik – dazu ist die Forschung & Entwicklung bereits in Projekten aktiv. Generell steht die Vision im Fokus, dass Prothesen stärker als Teil des Körpers ihrer Träger:innen wahrgenommen werden. 
 

Haben Sie Wünsche an den Standort Österreich oder die ABA? 

Wie in Deutschland ist der Fachkräftemangel auch in Österreich im Digitalbereich enorm. Wir wünschen uns mehr qualifizierten IT-Nachwuchs, um weitere Innovationen voranzutreiben – und mehr Frauen, die sich bewerben. Generell wäre es schön, diverser zu werden, denn unterschiedliche Blickwinkel tragen immer zu Disruption und Innovation bei. 
 

Wie hat die ABA unterstützt? 

Die ABA weiß alles und kennt jeden rund um Business in Österreich! 
 

Und noch eine abschließende Frage: Was schätzen Sie persönlich am meisten an Österreich? 

Österreich liegt zentral in Europa und nah an Osteuropa, wo gerade jede Menge passiert, besonders im Digitalbereich. Als COO und CTO schätze ich die hohe Innovationskraft – und privat den Wiener Schmäh! 

 

Otto Bock Healthcare Products GmbH

Ottobock ist seit mehr als 50 Jahren in Österreich tätig. Das Unternehmen ist Weltmarktführer im Bereich Prothetik und einer der führenden Anbieter in der Orthetik und bei Human Mobility (Rollstuhlbereich) – auch und gerade wegen der Innovationen aus Wien. Die Zahl der Mitarbeiter:innen in Österreich ist mittlerweile auf 800 angestiegen. 

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